Kaum jemand kennt einen Berufsjäger persönlich und nur wenige wissen, was ein Waidmann das Jahr hindurch so alles macht. Das ist auch weiter nicht verwunderlich, denn österreichweit gib es – im Vergleich zu den 122.780 Freizeitjägern – lediglich 475 von dieser seltenen Spezies, wobei in den letzten Jahren eine leichte Zunahme zu verzeichnen ist. Immerhin betreut diese geringe Anzahl von 0,4 % aller heimischen Jäger beachtliche 13 % der österreichischen Jagdflächen.

Neue Aufgaben – neues Bewusstsein

Unsere Aufgabe ist es, entsprechend den Jagdvorschriften einen artenreichen und gesunden Wildbestand zu erhalten. Hierzu gehört es auch, die Lebensräume von Wildtieren und Jagdreviere zu gestalten und Maßnahmen zum Tierschutz, zum Artenschutz und zum Naturschutz unter Berücksichtigung ökologischer Zusammenhänge nachhaltig durchzuführen. Arbeitgeber sind zumeist Jagdpächter, Privatforstbetriebe und die Österreichischen Bundesforste. Der Verantwortungsbereich eines Berufsjägers umfasst für gewöhnlich eine Jagdfläche von rund 2.000 Hektar. Rechnet man hinzu, dass die meisten von ihnen im gebirgigen Teil unseres Landes unterwegs sind, kann man bereits erahnen, dass „Schusters Rappen“ bei jeder Witterung den Alltag bestimmen.

Alleine die Tätigkeit auf das Erbeuten von Wildtieren zu reduzieren, würde dem Berufsjäger nicht gerecht werden und seine Arbeitswelt nur bruchstückhaft beschreiben. Das Anforderungsprofil umspannt vielmehr einen weiten Bogen, der sich mit dem Begriff Wildmanagement zusammenfassen lässt. Die sensiblen Kreisläufe der Natur sind nicht mehr in ihrem ursprünglichen Gleichgewicht. Wir denken hierbei nicht nur an die Land- und Forstwirtschaft sondern auch an das veränderte Freizeitverhalten der Menschen und den Tourismus. Sie alle wirken permanent auf den Lebensraum des Wildes ein, sodass natürliche Sukzessionsprozesse weitgehend außer Kraft gesetzt sind.

In einer Kulturlandschaft wie der unseren ist die Jagd ein unverzichtbares Regulativ der allgegenwärtigen und vielfältigen Landschaftsnutzung. Die Jägerschaft ist darum bemüht, der Biodiversität – also der biologischen Vielfalt – Sorge zu tragen. Zudem haben zu hohe Wilddichten negative Auswirkungen auf die eigenen Lebensgrundlagen des Wildes und können größere Schäden in der Forst- und Landwirtschaft verursachen. Die Jagd ist ein unverzichtbares Gebot der Stunde ohne derer eine nachhaltige und vor allem naturnahe Bewirtschaftung unserer Wälder nicht möglich wäre.

Das zukunftsorientierte Bild des Berufsjägers

Die Berufsausbildung unterliegt einem starken Wandel. Die neuen Herausforderungen sind vor allem die umfassende Kenntnis über komplexe Zusammenhänge in unserer heimischen Natur, in der das Wildtier – so wie in der Vergangenheit üblich – nicht mehr isoliert betrachtet und bewirtschaftet werden kann. Mittlerweile wird vorausgesetzt, dass ein Berufsjäger ein breites ökologisches Wissen hat, um entsprechend agieren und reagieren zu können. Beispielsweise reicht die artgerechte Wildwinterfütterung über eine reine Notzeithilfe weit hinaus und ist eher als Lenkungsmaßnahme zur Wildschadensminimierung zu verstehen.

Auch Konfliktmanagement und Öffentlichkeitsarbeit gehören zum Berufsbild. Zunehmend sieht sich der Berufsjäger mit einer intensiver werdenden Nutzung durch Tourismus und Freizeitgesellschaft auf den Wildlebensraum konfrontiert. Der professionelle Umgang mit anderen Naturnutzern und eine dementsprechende Aufklärungsarbeit sind maßgebliche Größen seines Arbeitsalltags.

Dies alles soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ganz tradierte Tätigkeiten, wie die Wildfuttererzeugung oder -beschaffung, die bereits thematisierte Winterfütterung selbst, der Bau und die Instandhaltung von Reviereinrichtungen, die Betreuung von Jagdgästen, die Arbeit mit dem Jagdhund, einschließlich öffentlicher Aufgaben wie dem Jagdschutz und nicht zu vergessen die Jagdausübung selbst, den Alltag eines Berufsjägers prägen.

Bei der Jagdausübung tritt ein wesentlicher Erfolgsfaktor in der Arbeitswelt eines Berufsjägers klar zu Tage, nämlich das uneingeschränkte und selbstbestimmte Zeitmanagement. Er ist in der Lage auf regionale Aktivitätsschwankungen des Wildes zu reagieren. Gerade die freie Entscheidung über die zeitliche Abfolge seiner Tätigkeiten lässt ihn zum effizienten Profi werden.

Müßiggang ist eines Berufsjägers Sache ohnehin nicht, ganz im Gegenteil: seine Arbeit ist meist mehr Berufung als Beruf. Es ist abzusehen, dass die Zunahme der Herausforderungen in und um den Lebensraum Wald den Bedarf solcher Professionisten eher noch steigern wird.

Eine seltene Spezies mit Zukunftspotential! Wer Freude an der Natur und an der Jagd hat, wer gerne im Freien arbeitet und den Umgang mit Menschen und Tieren schätzt, der liegt mit diesem Beruf genau richtig.

Helmut Neubacher, Wildmeister, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Jagdwesen
Fotos: Rudolf Grall